In der Mitte liegt die Kraft: warum starke Bauchmuskeln nicht nur für Männer wichtig sind

Der Bauch ist das Zentrum des Menschen. Unzählige Muskeln entspringen und setzen in diesem Bereich des Körpers an, um einen schützenden Gürtel um die inneren Organe zu legen. Auch für die Funktion des Bewegungsapparates sind sie unentbehrlich und jeder, der nach einem (zu) intensiven Bauch-Training zwei Tage später kaum aus dem Bett aufstehen konnte, weiß davon ein Lied zu singen.

An vielen Bewegungen des Alltags ist der „Bauch“ helfend beteiligt, und doch wird er oft auf seine optische „Funktion“ des Waschbrettbauches reduziert. Durch seine unterschiedlichen Anteile (gerade, schräg, quer), gibt es aber kaum eine Bewegung des Rumpfes, die er nicht unterstützt:

Der gerade Bauchmuskel (Musculus rectus abdominis) zieht vom Knorpel der 5. bis 7. Rippe und dem Brustbein zum Becken, wo er an der Schambeinfuge und dem Schamhöcker ansetzt. Je nach Anzahl der Zwischensehnen und Menge an Hautfett, kann bei entsprechendem Training ein sogenannes Six-Pack oder auch Eight-Pack sichtbar werden.

Insbesondere für Frauen interessant ist allerdings der quere Bauchmuskel (Musculus transversus abdominis), der sich wie ein Gürtel von hinten links und rechts nach vorne um den Körper schlingt und für die Bauchpresse und als Hilfsmuskel für die Ausatmung verantwortlich ist. Dadurch entsteht visuell eine schlankere Taille, als bei untrainierten Menschen. Trainiert werden kann er durch ganz einfaches Bauch-Einziehen, wie man es beispielsweise von Pilatesübungen kennt. Dort wird durch das sogenannte „Powerhouse“ vor jeder Übung der Beckenboden und Bauchnabel nach innen gezogen und dort gehalten, so als ob man eine zu enge Jeanshose anziehen möchte.

Um den Körper in alle Achsen zu stabilisieren, sind noch die schrägen Bauchmuskeln von Bedeutung. Die äußeren schrägen Bauchmuskeln (Musculi obliquii externi abdominis) sind, wenn untrainiert, etwas versteckt und ziehen jeweils von den unteren Rippen schräg hinunter zur Linea alba (Sehenplatte im Bereich des Bauchnabels) und zum Darmbein (Becken). In gleicher Weise, allerdings Zugrichtung von unten nach oben verlaufend, entspringen die inneren schrägen Bauchmuskeln (Musculi obliquii interni abdominis) am Beckenkamm und ziehen nach mittig oben.

Gemeinsam ergibt sich ein starkes Muskelkorsett, das also nicht nur Rumpf und Becken bewegt, sondern die Wirbelsäule entlastet. Übungen wie der Handstand oder der Liegestütz, wären ohne diese Stabilisation gar nicht erst möglich.

Achtung: Training kräftigt die Muskulatur aber entfernt NICHT das eventuell darüber liegende Fettgewebe. Dies bedeutet also bei Zunahme des Muskelumfanges, würde der Bauch ggf. optisch sogar „mehr“ statt flacher werden. Deswegen ist alleine vom Bauchumfang nie auf die Kraftleistung oder den Trainingszustand des Bauchmuskels zurückzuschließen.

Exkurs Fettabbau durch Training: Generell ist ein Abnehmen an „Problemzonen“ nicht lokal möglich, sondern immer nur durch eine langfristige, negative Energiebilanz.  Dem Körper ist es dabei egal, ob diese durch eine Erhöhung des Grundumsatzes (Muskelaufbau durch Krafttraining), stoffwechselrelevante Belastungen (Kraft- und Ausdauertraining) oder Verringerung bzw. Timing der zugeführten Energie (Zeitpunkt und Umfang der Nahrungsaufnahme) passiert.

Oft verkürzt und für Rückenschmerzen verantwortlich, ist noch der Hüftbeuger (Musculus iliacus und ilipsoas) bei der Betrachtung der Bauch- und Rumpfmuskulatur von Bedeutung. Er entspringt seitlich am untersten Brustwirbel, den Lendenwirbeln (inkl. Bandscheiben) und den Rippenfortsätzen der Lebenwirbel. Er ist für die Hüftbeugung verantwortlich, hilft mit seiner vorbeugenden Funktionsweise bei vielen Bauchmuskelübungen mit und kann den Körper zur Seite neigen.

Eine starke Mitte gibt auch der Rückenmuskulatur einen wichtigen Gegenspieler und kann durch die Hüftaufrichtung, gemeinsam mit dem Gesäß, auch die Haltung im Bereich der Lendenwirbelsäule (Stichwort Hohlkreuz) verbessern. Bauchmuskeltraining ist auch ein essentieller Bestandteil von Haltungstraining und Sturzprävention, insbesondere von älteren Menschen!

Die beste Nachricht zum Schluss: Bei vielen Übungen trainieren Sie Ihren Bauch ganz unbemerkt mit. Dazu zählen die Kniebeuge (wenn sauber ausgeführt), genauso wie das Tanzen oder Schwimmen. Selbst Singen, wenn über den Bauchraum ausgeführt, kräftigt die Bauchmuskulatur.

Generell zeigt Training im Bereich der Bauchmuskeln rasch positive Wirkung auf den gesamten Körper und ist selbst in einen dichten Arbeitsalltag einfach zu integrieren. Es muss nämlich nicht immer die 30minütige Power Abs Stunde im Fitness-Studio sein (doch probieren Sie es gerne einmal aus, es fühlt sich großartig an, wenn es vorbei ist!). Die Bauchmuskulatur lässt sich aber auch mit weniger Zeitaufwand trainieren, solange der Reiz eine gewisse trainingswirksame Schwelle überschreitet. Hier also ein paar Trainingsempfehlungen für zwischendurch:

  • 5min Morgenroutine: gleich im oder neben dem Bett je 20 Crunches gerade und diagonal (müssen keine vollständigen Sit-ups sein!), zwei bis drei Durchgänge, dazwischen kurz erholen
  • 2min Zahnputzroutine: ziehen Sie den Bauchnabel nach innen und halten Sie den Bauch eingezogen, versuchen Sie in den Brustkorb zu atmen. Auch den Beckenboden können Sie hier gleich mitaktivieren (ein starker Beckenboden kann Inkontinenz vorbeugen!).
  • 40sec WC-Pause: setzen Sie sich auf die Toilette (geschlossener Deckel) und heben Sie die Knie hoch. Sofern ausreichend Platz nach vorne, beugen und strecken Sie die Beine 5-10 Mal, ohne sich mit den Händen festzuhalten.
  • 1-3min Abendritual: nehmen Sie sich ein gutes Buch und kommen in eine Liegestützposition. Setzen Sie die Unterarme am Boden ab, und bleiben Sie im Unterarmstütz, solange Ihre Wirbelsäule nicht in ein Hohlkreuz durchhängt, 30-60sec sind hier anfangs absolut ausreichend. Tipp: klappt noch besser mit einem Lieblingssong, denn Musik wirkt zusätzlich motivierend!

Eine ausgewogene Ernährung und ein gutes Maß an Bewegung vorausgesetzt, werden Sie sich bereits nach 2-3 Wochen kontinuierlichem Training fitter fühlen.