Turbo-Lebensmittel für den Stoffwechsel

Der Begriff Turbo-Lebensmittel wird wahrscheinlich bei dem einen oder anderen mit dem Begriff Superfood assoziiert werden und da kommen einem dann sofort die aktuellen Werbungen für Chiasamen, Acai-Beere und Acerola-Kirsche in den Sinn. Diese neuen Lebensmittel, die bei uns in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erleben und ohne die wir scheinbar nicht mehr auskommen – haben sie wirklich ihre Daseinsberechtigung? Sind sie wirklich soviel besser als unsere heimischen Nahrungsmittel? Müssen wir solche Lebensmittel beinahe täglich auf dem Speiseplan haben, um gesund zu bleiben?

Was ist Superfood?

Gleich mal vorweg: es gibt keine offizielle, fachliche und rechtlich bindende Bezeichnung für Superfood. Dabei handelt es sich um einen Marketingbegriff, den sich die Industrie zunutze gemacht hat, um vor allem Lebensmittel aus anderen Herkunftsländern oftmals überteuert bei uns in den Handel zu bringen. Es empfiehlt sich, diesen Begriff in jedem Fall einmal kritisch zu hinterfragen. Im Allgemeinen soll ein sogenanntes Superfood ein Lebensmittel mit besonderen gesundheitlichen Vorteilen sein. Auch das ist kritisch zu hinterfragen, denn oftmals gibt es zwar Studien, die eine gesundheitliche Wirkung bestätigen, allerdings sind diese Studien meist nur im Labor durchgeführt oder mit derart hohen Dosierungen, dass eine direkte Übertragung auf die Alltagsernährung nur schwer möglich ist. Da ist es doch viel besser, einmal hinter die Kulissen zu schauen, was diese Lebensmittel wirklich an Nährstoffen mitbringen und ob wir das nicht auch in Lebensmittel finden, die bei uns heimisch sind.

All diesen Superfoods ist gemeinsam, dass sie eine hohe Nährstoffdichte haben. Das bedeutet, dass sie pro 100 g Lebensmittel einen hohen Anteil an Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen aufweisen. Vitamine sind schon lange bekannt und auch, dass wir diese für viele Stoffwechselvorgänge im Körper benötigen. Mineralstoffe, wie z.B. Calcium und Magnesium, brauchen wir ebenfalls für viele Prozesse im Körper, auch das ist bekannt. Doch sekundäre Pflanzenstoffe?

Sekundäre Pflanzenstoffe, was ist das überhaupt?

Sekundär heißt in diesem Fall nicht zweitrangig, sondern ist als Unterscheidungsmerkmal zu den primären Pflanzenstoffen, also den Hauptbestandteilen der Pflanze zu sehen. Primäre Pflanzenstoffe sind Kohlenhydrate, Fette und Proteine, also unsere Hauptnährstoffe. Sekundäre Pflanzenstoffe sind sogenannte bioaktive Substanzen, d.h. sie haben eine bestimmte Wirkung im Körper. Sekundäre Pflanzenstoffe sind beispielsweise Farbstoffe, Aromastoffe und Bitterstoffe in den Pflanzen, die die Pflanze ausbildet, um sich zum Beispiel vor Fressfeinden, Schädlingen und Krankheiten zu schützen. Aber auch zur Anlockung von Tieren, die der Pflanze bei der Weiterverbreitung dienen, werden solche Substanzen ausgebildet – man denke nur an die Farbenpracht der Blüten im Frühling, die Insekten anlockt, und die von Obst und Gemüse bei den reifen Früchten, die Tiere und auch uns Menschen anzieht. Einige dieser sekundären Pflanzenstoffe sind für Menschen und Tiere giftig, wie die Alkaloide der Tollkirsche oder des Schlafmohns. Solche Stoffe hat sich aber die Medizin zunutze gemacht. Essen sollte man diese Pflanzen bzw. die Früchte der Pflanzen mit giftigen sekundären Pflanzenstoffen nicht!

Sollten Sie schon einmal von Carotinoiden, Saponinen, Phytosterinen, Monoterpenen, Flavonoiden, Phenolsäuren, Phytoöstrogenen, Glukosinolaten, Sulfiden oder Protease-Inhibitoren gehört haben: das sind alles chemische Stoffklassen, die zu den sekundären Pflanzenstoffen zählen. In unserem Körper haben sekundäre Pflanzenstoffe unterschiedlichste Wirkungen: sie sind Vorstufen für bestimmte Vitamine, wirken antioxidativ, wirken positiv auf unser Immunsystem, antimikrobiell und entzündungshemmend. Manche wirken sie sich positiv auf den Cholesterinstoffwechsel aus und können therapeutisch bei Hypercholesterinämien eingesetzt werden. Andere beeinflussen die Krebsentstehung, Oxidationsprozesse im Körper und die Durchlässigkeit und Stabilität der Blutgefäße. Wieder andere Pflanzenstoffe wirken auf unser Hormonsystem oder fördern die Verdauung, indem sie den Speichelfluss und die Beweglichkeit des Darms stimulieren. Sie sehen also, dass solche Inhaltsstoffe durchaus wünschenswert für unsere Nahrung sind.

Doch ist das wirklich nur in Lebensmittel zu finden die tausende von Kilometern zu uns gereist sind? Die eventuell unreif geerntet wurden, nur dass sie – bei uns angekommen – noch nicht verdorben sind? Die Unmengen an CO2 verursachen, auf ihrer langen Reise in unsere Supermärkte? Die mit teilweise fragwürdigen Anbaumethoden in riesigen Monokulturen und unter Ausbeutung einheimischer Bevölkerung produziert wurden? Braucht es das wirklich, damit wir uns gesund und ausgewogen ernähren können?

Regional und saisonal

Ich sage nein! Wir haben eine riesige Vielfalt an wunderbaren Lebensmittel, die direkt vor unserer Haustüre wachsen und gedeihen, die wir reif ernten können, weil die Transportstrecken in die Supermärkte kurz genug sind, die unter fairen Bedingungen angebaut werden und die genauso wertvolle Inhaltsstoffe haben, wie Lebensmittel in anderen Ländern. Und günstiger geht es auch, wenn wir uns auf die Lebensmittel konzentrieren, die gerade Saison haben. Denn dann gibt es sie im Überfluss und sie sind dementsprechend gut verfügbar.

Ein weiterer großer Vorteil einer saisonalen Küche ist, dass wir mit dem Rhythmus der Natur leben und damit für unseren Körper das Beste aus Nahrungsmittel herausholen. Wir bekommen genau die Nährstoffe, die wir gerade für die Jahreszeit, in der wir uns gerade befinden, brauchen. Im Frühling sind das Sprossen, junges Gemüse, frische Salate, was gerade sprießt. Kresse und junger Spinat versorgen uns mit Carotinoiden. Im Sommer können wir auf eine Fülle an Früchten und Gemüse zurückgreifen. Die bunte Vielfalt an Beeren versorgt uns mit Flavonoiden. Der Herbst liefert uns mit dem Getreide wertvolle Phenolsäuren, und Kürbis & Co versorgt uns mit Carotinoiden. Im Winter liefern uns Kraut und Rüben Glukosinolate und Sulfide. Samen, Nüsse und Kartoffeln sind wesentlich verantwortlich für die Versorgung mit Phytosterinen und Protease-Inhibitoren.

Das alles müssen wir für die Praxis aber gar nicht so genau wissen. Wichtig ist nur zu wissen, wie wir das im Alltag möglichst einfach umsetzen. Und dazu gibt es meine 10 Grundregeln für eine gesunde und ausgewogene Ernährung.

Meine 10 Grundregeln einer gesunden und ausgewogenen Ernährung

  1. Essen soll Spaß machen und schmecken!
  2. Gut kauen! Alles was Sie essen, soll wie eine warme Suppe im Magen ankommen! Der Körper soll durch das Kauen und erste Zerlegen im Mund wissen, was kommt, damit er die entsprechenden Enzyme bereitstellen kann und sich auf das was kommt, einstellen kann.
  3. Ein bunter Teller ist nicht nur für das Auge ein Genuss.
  4. Jede Mahlzeit soll aus den energieliefernden Bestandteilen Eiweiß, Kohlenhydraten und Fett bestehen, und eine große Portion Gemüse und Obst darf den Teller bereichern. Ein Apfel alleine ist keine Mahlzeit!
  5. Ich arbeite mit echten Lebensmitteln! Je hochwertiger und naturbelassener die Nahrungsmittel sind, umso besser ist der Treibstoff für meinen Motor (= Körper); Stichwort „Clean eating“ – der neue Trend oder einfach ausgedrückt: „back to the roots“ – zurück zu den Wurzeln
  6. Saisonalität und Regionalität steht im Vordergrund! Je mehr Bio desto besser.
  7. Weniger ist oft mehr: ein Gericht braucht oft nur ein paar wenige dafür hochwertige Zutaten um ausgewogen und schmackhaft zu sein.
  8. Pausen zwischen den Mahlzeiten, damit der Körper und der Verdauungstrakt Zeit haben, sich zu erholen. Snacking ist out!
  9. Frische Kräuter und Gewürze fördern die Verdauung und den Stoffwechsel!
  10. Nichts in den Mund stecken, wenn man in etwas Viereckiges schaut – also das Essen genießen, sich Zeit nehmen. Fernseher, Handy und auch die Zeitung sollten nichts am Esstisch verloren haben.

Ein Wort noch zur Rohkost

Die Angst zu wenig Vitamine und Nährstoffe zu sich zu nehmen, die hält sich seit Jahren vehement. Dabei hat die Menschheit nicht ohne Grund zu kochen begonnen. Durch den Garprozess werden machen Lebensmittel überhaupt erst genießbar und für uns schädliche Stoffe zerstört. Ja klar, manche Nährstoffe gehen auch durch das Kochen verloren, allerdings sind das nur solche Nährstoffe, die empfindlich gegenüber Hitze sind, wie z.B. das Vitamin C. Andere Nährstoffe werden erst durch den Garprozess so richtig gut für unseren Körper verfügbar. So wird z.B. der rote Farbstoff in Tomaten, das Lycopin (ein Carotinoid), erst durch das Kochen so aufbereitet, dass es unser Körper auch gut aufnehmen kann. Das heißt, Tomatensauce ist besser für uns – was die sekundären Pflanzenstoffe anbelangt – als die rohe Tomate. Ein guter Mix ist die Lösung. Nur Rohkost zu essen ist ebenso kontraproduktiv wie nur gekochtes Gemüse.

Wenn Sie sich jetzt die Fragen stellen, welche einheimischen Superfoods für Sie die richtigen sind, dann ziehen Sie einen Experten oder eine Expertin zu Rate. Ernährungsberater mit ernährungswissenschaftlichem Fachwissen begleiten Sie beim Finden Ihrer Wohlfühlernährung, die sie lange und nachhaltig gesund hält und stehen Ihnen mit ihrer Expertise, praktischen Tipps und konkreten Ernährungsempfehlungen zur Seite.